Wie
können Innovationen in Kommunalverwaltungen, Ämtern und
Fachabteilungen gelingen, die mit diesen eine Kultur der Beteiligung
und Transparenz umsetzen möchten?
Immer
mehr Kommunen und auch einige Bundesländer machen sich derzeit auf
den Weg, die Kooperation zwischen Stadtgesellschaft, Verwaltung und
Politik zu verbessern und das Vertrauen in Verwaltungshandeln zu
stärken, um somit bessere Lösungen zu entwickeln. Gefragt ist dafür
eine politische Kultur, die sich Krisen und Konflikten stellt und sie
innovativ löst. Nicht zuletzt der digitale Wandel beeinflusst hier
Anforderungen und Möglichkeiten. Doch
auf dem Weg zu Veränderungen steht die Verwaltung vor großen
Herausforderungen, die sich durch Verunsicherungen äußern. Die
Fachtagung ging Konflikten
und Lösungswegen auf den Grund und fragte unter anderem nach
Perspektivwechsel, Schnittstellen, Rollenverständnissen (auch der
Politik) sowie nach guten Ansätzen und Lösungen für
praxisrelevante Herausforderungen.
Den Auftakt des
ersten Tages machte Prof. Jürgen Kegelmann von der Hochschule für
öffentliche Verwaltung Kehl und Führungsakademie in
Baden-Württemberg, mit seinem Vortrag über kommunale
Beteiligungskulturen und den Herausforderungen für das
Verwaltungshandeln. Bürgerbeteiligung wurde hier unter anderem als
Schutzmechanismus vor Konflikten definiert, die andernfalls später
nicht mehr aufzulösen wären. Darüber hinaus kommt ihr die wichtige
Funktion der Wissensakkumulation von Bürgerinteressen zu, die an
Entscheidungsfindungsprozessen mitwirken und an der Qualität von
Entscheidungen mitarbeiten können.
In der anschließenden
Diskussionsrunde ging es dann um die Frage, was die Politik für
kommunale Beteiligungskulturen tun kann und muss. Dr. Susanne
Kahlefeld, die Sprecherin für Partizipation der Fraktion Bündnis
90/Die Grünen, brachte in diesem Kontext den Leitlinienprozess für Bürger*innenbeteiligung an der Stadtentwicklung (LLBB)
als Indikator für eine bürgerbeteiligungs-gerechte Berliner
Stadtverwaltung ein. Es werden darin bis Ende 2018 verbindliche
Leitlinien zur Bürger*innenbeteiligung durch ein Arbeitsgremium, das
sich aus Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Verwaltung
sowie aus Bürgerinnen und Bürgern zusammensetzt, erarbeitet. Die
Zwischenstände und die Ergebnisse des Arbeitsgremiums werden dann in
öffentlichen Werkstätten vorgestellt, diskutiert und ergänzt.
Liquid Democracy begleitet diesen Prozess online und bildet den
Leitlinienprozess auf einer eigens dafür eingerichteten Plattform
ab, auf der sich ebenfalls an ihm beteiligt werden kann:
https://leitlinien-beteiligung.berlin.de/.
Am
Nachmittag folgte dann das erste Forum des Tages zu dem Thema:
Digitalisierung – Freud
und Leid und die Chancen. Dr. Björn Fleischer, von Open.NRW beim
Beauftragten der Landesregierung für Informationstechnik (CIO) in
Düsseldorf, betonte die Vorteile von Digitalem und Beteiligung.
Zwei unverkennbare Vorteile liegen in der Einfachheit des
Informationsfluss sowie der Nachvollziehbarkeit und Transparenz von
Beteiligungssoftwares. Es kristallisierte sich während der
Diskussion heraus, dass sowohl online als auch offline Beteiligung
Vor- und Nachteile haben und sich beide Formen nicht gegenüberstehen,
sondern vielmehr ergänzen. In diesem Sinne sollte gute
Bürger*innenbeteiligung gestaltet werden.
Ein
besonders interessanter Kommentar kam in diesem Kontext von Renate
Mitterhuber, Leiterin der Geschäftsstelle IT-Planungsrat beim BMI.
Sie stellte die These auf, dass Bürger*innenbeteiligung in Zukunft
und mit Hilfe von künstlicher Intelligenz simuliert werden könnte.
Der
zweite Tag der Fachtagung in der Heinrich Böll Stiftung startete mit
einem Forum zu der Frage: Warum ist Risikokompetenz wünschenswert?
Prof. Gigerenzer vom Max-Planck-Institut für
Risikokompetenzforschung sprach sich für eine positive Fehlerkultur
aus, in der Fehler als Informationen zur Verbesserung eines gesamten
Betriebs und der internen Abläufe genutzt werden und letztlich gute
Entscheidungen hervorbringen.
Auf dem
darauffolgenden Workshop über Qualitätskriterien für besserer
Beteiligung, beschäftigten sich die Teilnehmer mit der
Sicherstellung von Standards für Partizipation. In einem von Monika
Nickles (Allianz für vielfältige Demokratie der
Bertelsmann-Stiftung, Stadt Erlangen) geleiteten Workshop, plädierten
die Teilnehmenden unter anderem für offenere Ausschreibungen von
online Partizipationsprojekten. Häufig sind diese sehr eng
formuliert und erschweren somit die Durchführung von progressiven
Projekten. Außerdem wurde die bereits angesprochene Feedbackkultur
und ihre Wichtigkeit hinsichtlich der dialogischen Form der
Beteiligung thematisiert. Schließlich sollten Beteiligungsprozesse
multimedial und mit Hilfe von verschiedenen Formaten durchgeführt
werden, damit sie erfolgreich gelingen können. Einen Überblick über
die Qualitätskriterien für gute Beteiligung liefert: https://gut-beteiligt.de/.
Das Abschlusspodium fokussierte die Herausforderungen der
Kommunikationsgesellschaft für die öffentliche Verwaltung. Die
Kernforderungen waren:
Änderung von
internen Verwaltungsstrukturen
Kompetenzerweiterung
in der Ausbildung
Weniger
formalisiertes Denken
Professionelles
Selbstverständnis stärken bzw. wiederbeleben
Interdisziplinäre
und problemorientierte Lern- und Arbeitsformen integrieren
Insgesamt war die
Fachtagung "Verwaltung
trifft Beteiligung"
für unsere Arbeit eine wichtige und sehr spannende Veranstaltung,
die nicht nur die Teilnehmer*innen bereichert hat, sondern auch allen
Interessierten an E-Partizipation Aufschluss über die Potenziale und
Herausforderungen der digitalen Bürger*innenbeteiligung liefern
konnte. Es lässt sich abschließend festhalten, dass Partizipation
nicht nur Konsensbildung ist, sondern auch dabei hilft, Konflikte offenzulegen. Hierdurch kann ein entscheidender Beitrag zur
Debattenkultur geliefert werden.